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Offener Brief Basislager

Sehr geehrte Stadtbehören
Sehr geehrte Medienschaffende
Und vor allem: sehr geehrte BewohnerInnen der Stadt Thun

Wir richten diesen offenen Brief an Sie, um Klarheit zu schaffen: Denn vom 8 bis 10. Juli
findet in Thun, wie bereits zu erfahren war, das Basislager statt.

 

Wir wollen mit diesem Camp damit anfangen, uns erneut Raum zu nehmen um darin Spass zu haben und unsere Ideen und Träume auszuleben. Das Camp wird ein Kunterbunt verschiedenster Aktivitäten beinhalten. Es werden Workshops zu Themen wie Siebdruck, Transparente malen, Skulpturen aus Gips basteln und Vieles mehr stattfinden. Am Abend wird Feiern angesagt sein: zu der Musik einer Band oder eines DJ wird getanzt oder auch einfach nur zugehört werden. In den hoffentlich lauen Sommerabenden wird noch bis spät in die Nacht darüber diskutiert, wie eine andere, spassigere und gerechtere Welt aussehen könnte. Ein bisschen mehr wie die Oase, die wir gerade geschaffen haben in der Wüste der Ordnung.

Doch wir wollen nicht einfach nur eine Oase sein. Und wir wollen auch keine Insel sein, isoliert vom Rest der Welt. Wir wissen, dass Unzählige mit gleichen Sorgen zu kämpfen haben: Vieles wird dem Profit einiger Weniger geopfert und uns wird weisgemacht, dies müsse so sein, es sei zum Wohle Aller. Dabei werden Menschen nur noch in zwei Rollen akzeptiert als ArbeiterIn oder als KonsumentIn. Dies ist auch in Thun sichtbar: Alles was nicht in dieses Raster passt wird zerstört, verdrängt und vertrieben. Ein Schulhaus, eine Halfpipe und ein kleiner Park mussten einem Supermarkt, überteuerten Wohnungen und Büros weichen. Und immer weiter entstehen unnötige Luxusprojekte, wie ein Stadion mit Einkaufszentrum, ein zusätzliches Kongresszentrum mit einem Luxushotel, und überteuerte Wohnungen und Büroräume. Unabhängige Kultur- und Begegnungsräume müssen dem weichen. Sei es weil sie nicht ins saubere Stadtbild passen, oder weil sie schlicht und einfach nicht rentieren. Und auch im sozial!
en Bereich wird gekürzt: den Schulen wird Geld gestrichen, Anlaufstellen werden verworfen. Hauptsache es werden, wie in den Stadtentwicklungszielen festgelegt, reiche SteuerzahlerInnen angezogen und das Budget ist ausgeglichen. Die Liste könnte fast endlos weitergehen.

Deshalb werden wir nicht nur in unserem Camp sitzen. Wir werden in die Stadt überfluten und dort mit den verschiedensten Aktionen auf unsere Anliegen und Missstände aufmerksam machen. Bunt und vielfältig sollen sie sein. So wie auch wir es sind, und wie wir uns diese Stadt � und eigentlich alle Städte � wünschen.

Doch was in Thun passiert, ist auch schweiz-, europaweit und gar global zu beobachten: Einzig die Konzerne und Mächtigen profitieren weiterhin, sei es von Billiglöhnen in der dritten Welt, der verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Verdrängung der Menschen in schlechte Lebenslagen in Europa und den in USA, der Ausbeutung von Bodenschätzen und gar von Kriegen und Terrorismus. Öffentliche Einrichtungen, wie Spitäler, Schulen, Wasserversorgung, Elektrizität werden privatisiert.

In der Woche vor dem Basiscamp, findet in einem, etwas nördlicher gelegenen, Land ein anderes Treffen statt: Der G-8 Gipfel. Die Präsidenten der acht führenden Staaten treffen sich dort um dafür zu Sorgen das alles so bleibt, dass weiter öffentliche Güter privatisiert, Löhne gekürzt und Bodenschätze ausgebeutet werden können. So werden wir mit verschiedenen Aktionen versuchen, ihre Macht zumindest in den Köpfen der Leute ein bisschen zu brechen. Zu zeigen, dass Handlungsbedarf besteht, damit früher oder später diese Herren nicht mehr die acht Mächtigsten dieser Welt sind, und wir fähig sind, selbst unsere Leben zu gestalten.

Das Camp ist ein friedlicher Anlass. Wir wollen bunt und laut sein, so unseren Protest kund tun und unsere Perspektiven entwickeln und vermitteln. Dazu ist Gewalt hinderlich und schädlich. Wir haben für das Camp keine Bewilligung eingeholt und werden dies auch nicht tun. Denn eine Bewilligung würde niemals möglich sein. Die Paragraphen würden uns nur so um die Ohren gehauen und wenn alles gut geht, könnte das Camp dann in zehn Jahren stattfinden. Mit entsprechenden Auflagen versteht sich. Dennoch sind wir zu einem Dialog mit den Stadtbehörden bereit. Es ist sowohl in unserem Interesse, als auch in demjenigen der Behörden, dass das Camp friedlich über die Bühne geht. Über ein Stattfinden oder ein Nichtstattfinden, wird nicht diskutiert. Zu diesem Zweck werden unbeteiligte Vermittler eingeschaltet, welche im Laufe der Woche mit den zuständigen Behörden und Medien in Kontakt treten.
Wir hoffen auf einen konstruktiven Dialog, welcher die Interessen beider Parteien sichert und eine einseitige Eskalation von Seiten der Stadt verhindert.

Mit freundlichen Grüssen verbleiben wir:
Basislager OK