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Zur?ck in die Zaffaraya-Zukunft

20 Jahre nachdem bewegte Jugendliche Berns Gaswerkareal als «Freies Land Zaffaraya» besetzten, steht dort erneut eine alternative Wagenburg – und wieder zeigt die Stadt Härte, wieder steht eine polizeiliche Räumung bevor. Lassen die 80er-Unruhen grüssen?

 

Parzelle 752, Kreis 3, im Uferbereich des Gaswerkareals, am Morgen des 17. November 1987: Tränengasnebel, Gummigeschosshagel – Polizeigrenadiere schleifen das Hüttendorf, wo Jugendliche «alternative Lebensformen» ausprobierten. Schon das Autonome Jugendzentrum (AJZ) und das «Zaff» waren geräumt worden, nun war das 1985 ausgerufene «Freie Land Zaffaraya» dran – und dessen Räumung 1987 löste neue, wochenlange Jugendunruhe aus.

Jetzt, 20 Jahre später, erlebt Bern ein eigentümliches Revival. Wo das Hüttendorf war, steht die Wagenburg des «Stadtnomaden»-Besetzerkollektivs «Verein Alternative». Wie einst die bürgerliche zeigt nun die rot-grün dominierte Regierung Willen zur Härte, so dass sich eine neue Generation Polizisten auf die Räumung vorbereitet. Was wiederum alte Kämpen auf den Plan ruft – bekamen die Wagenburg-Kids dieser Tage doch etwa schon Visite von «Vorplatz»-Veteranen. Und: Heute wie damals trägt Tagespolitik dazu bei, die symbolkräftig aufgeladene Atmosphäre noch spannender zu machen: Linke warnen im Stadtrat vor «nicht mehr zu kontrollierender Eigendynamik» – Bürgerliche raten alternativ Bewegten, sich gefälligst Jobs zu suchen wie anständige Bürger auch. Und da all dies anmutet wie der alte Film, liegt die Frage auf der Hand: Wird Bern ob einer erneuten Zaffaraya-Räumung erbeben wie vor 18 Jahren?

Wohl kaum. Das Revival dürfte so rasch vorbei sein, wie es dieser Tage zum Hype gerät. Es ist ja nicht das erste vermeintliche 80er-Remake in Bern: Im Sommer vor vier Jahren traten die «Siedler» an, bis zu 200 Teenager, die unter dem Kampfruf des «Heissen Sommers» 1980 («AJZ subito, autonom sowieso!») für ein neues AJZ stritten – weil die Reitschule in «Richtung Schickimicki» gehe und «autonomes Leben» verrate. Zwei Besetzungen gabs, eine mittelprächtige Strassenschlacht gar; Pressebilder zeigten hiervon ein Bubi im Polizeigriff mit «Sex-Pistols»-Schriftzug auf dem Jackenrücken – ein Bild wie aus dem Archiv, hatte doch die erwähnte Kapelle schon 1979 den Geist aufgegeben. Und also fragte sich 2001 eine besorgt erregte Öffentlichkeit, ob es wieder losgehe und wo das alles enden werde. Doch damit wars auch schon zu Ende – und heute ist der Sommer 2001 längst vergessen.

Dass gewisse Jugendszenen Anleihen bei den 80ern suchen, in der Annahme, damit die Aufmerksamkeit Etablierter (Politik, Medien) zu verstärken, ist eine Seite. Die andere Seite der Medaille ist es, wenn sie in eine solche Rolle gedrängt werden. Daniel Schwob – als Wagenburg-Aktivist und Mitorganisator der Berner Anti-WEF-Tanzparade einer der wenigen Wortführer der Generation 2005 – hat Erfahrung mit «Versuchen, uns zu brauchen». Sei es mit Journalisten oder Politikern, die seinesgleichen vor ihre Karren hätten spannen wollten, sei es «mit Leuten, die die 80er-Zeit erlebt haben und uns aufsuchen, da sie hoffen, mit uns diese Zeit wieder aufleben lassen zu können».

Letzteres allerdings mit eher bescheidenem Erfolg – denn die neue Generation ist nicht nur weit weniger verbiestert als die alte, sie ist vor allem auch erfrischend unbefangen von Szenekonventionen – was sich etwa schon daran zeigt, wie offen und unverkrampft, ja herzlich Schwob & Co. «bürgerliche Presse» empfangen, statt dieser, wie es sich gehört, zu misstrauen. Dies erfuhr der «Bund» schon letzten April bei einem Besuch im «Kulturraum Paradisli», einem besetzten Haus, das damals sozusagen Hauptquartier der jungen Truppe war. Auffallend viele Anarcho-Traktate des von Veteranen der AJZ-Unruhen 1980 gegründeten «Rebellion»-Vertriebs lagen da herum, sogar Errico Malatestas 1918er-Klassiker «Anarchismus und Gewalt» fehlte nicht. Auf die Frage, wie die grimmige alte Literatur in die WG der flippigen jungen Party-Protestler komme, winkten die Gastgeber bloss müde ab: Ach, dieses Zeug, ja, das habe einer, der vorbeigekommen sei, dagelassen – das interessiere aber ohnehin keinen, sei «nicht unser Groove».

Umgekehrt können auch Alte mit dem «Groove» der Jungen nicht immer mithalten. Reitschul-Aktivist Giorgio Andreoli etwa, Berner Szenekenner seit 25 Jahren, räumt ein, dass er nie auf die Idee gekommen wäre, wie Schwob ein «Dance out WEF», eine Strassenparty als Protest, zu veranstalten; «das käme mir vor wie Spassgesellschaft auf einer anderen Ebene, konsumierter Widerstand». Er wolle dies aber nicht als Kritik verstanden wissen, sagt Andreoli, der als Zuständiger für die Grosse Halle der Reitschule, in der die Wagenburgler zeitweise wohnten, mit ihnen Kontakt hatte. Es war sein erster Kontakt mit den Jungen – denn «diese Szene kommt von ausserhalb der Reitschule, und teils wirft sie der Reitschule ja sogar vor, sie sei etabliert, kommerziell».

Wie unabhängig von gewachsenen Szenestrukturen junge Kräfte heute agieren, erhellte jüngst auch die «Reclaim-The-Streets»-Demo: Die Polizei suchte Dialog, um eine Bewilligung geben zu können, und wandte sich via Mail an die Insider des linksautonomen Antifa-Bündnisses, doch auch dort wusste man nicht, wer hinter der Aktion stand – jedenfalls niemand aus Aktivistenkreisen, die gemeinhin zum Reitschul-Umfeld gerechnet werden.

«Hier manifestiert sich eine Bewegung, die sich anders organisiert, über Natel statt Besammlung in der Reitschule», erklärt Christoph Reichenau von der Stadtberner Präsidialdirektion, der Schwobs Leute in den letzten Wochen in Verhandlungen kennen lernte. Diese Bewegung habe keine breite Basis, trete «bloss spezifisch, punktuell auf, ohne gesamtgesellschaftliche Vision auch». Sie zeichne sich aber durch Pragmatismus aus; «sie suchen Freiräume, dies aber innerhalb der bestehenden Ordnung».

Auch Andreoli betont den Pragmatismus. Schwob bestätigt dies – unter Vorbehalt allerdings. «So radikalisiert, dass ich das System als so verdorben erleben würde, dass es revolutionär bekämpft werden müsste, bin ich nicht. Ich verhandle auch gern. Aber die Politiker sollten es nicht übertreiben damit, uns zu verarschen, sonst könnte schon der Funke fliegen. Vielleicht wollen sie uns ja gerade deshalb so rasch vom Gaswerk weg haben – weil sie Angst vor einem Zaff-Zoff haben.»