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G8 in Italien: "Wahrscheinlich auch Guerillatechniken"
Mittwoch, den 08. Juli 2009 um 16:34 Uhr
Protest und Widerstand gegen den Gipfel in L’Aquila kommen in Schwung.Die Festgenommenen aus Turin, Padua, Bologna und Neapel sollen an militanten Protesten gegen den “G8 University summit” Mitte Mai in Turin beteiligt gewesen sein, Vorwürfe lauten auf Nötigung, Widerstand, Körperverletzung und Sachbeschädigung. Einer der Betroffenen aus Neapel wurde von der Polizei bis zu einem Fackelzug in L’Aquila, wo der G8-Gipfel heute beginnt, verfolgt.
Laut Haftbefehl wird allerdings mindestens sechs von ihnen kein konkreter Tatvorwurf gemacht, allein eine Nähe zum “antagonistsichen Spektrum” reicht als Haftgrund. Einer der Verhafteten gehört (1) zu den 25 italienischen Aktivisten, die wegen des G8-Gipfels 2001 in erster Instanz zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden. Das Gericht in Genua hatte den Paragraphen “Plünderung und Verwüstung” zugrundegelegt (2), der aus der Zeit des Faschismus stammt und bis 2001 kaum angewendet wurde. Das als “Gesinnungsjustiz” kritisierte Gesetz erlaubt auch bei dürftiger Beweislage und minderschweren Taten ein hohes Strafmaß. Die meisten der ebenfalls wegen des Gipfels in Genua angeklagten Polizisten, denen Misshandlungen, Beweismittelfälschung oder Falschaussage vorgeworfen werden, wurden demgegenüber freigesprochen oder profitieren von Verjährung.
"Der eine oder andere Ausländer"
Der Leiter der Anti-Terror-Brigaden des italienischen Innenministeriums, Carlo De Stefano, sieht auch bei den 21 Verhafteten vom Montag einen "schwarzen Block" am Werk, der aus "in unterschiedlichen Städten wohnenden Elementen, unter denen der eine oder andere Ausländer ist" bestehe und die "in enger Verbindung und wahrscheinlich auch mit Auskundschaftungen Guerrillatechniken studieren". De Stefano leitete bereits mehrere Operationen gegen italienische anarchistische Bewegungen.
Erst am Freitag hatte die Carabinieri bei Viterbo in Süditalien zwei Männer festgenommen, denen vorgeworfen wird, Mitglied einer "anarcho-insurrektionalistischen Bewegung" mit Nähe zur "Federazione Anarchica Informale" (F.A.I.) zu sein. Sie sollen an einer Brücke versucht haben, sogenannte "Hakenkrallen" an der Oberleitung einer Bahnlinie anzubringen um den Zug zum Halten zu zwingen. Gegen 30 weitere hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren wegen "subversiver Vereinigung mit terroristischer Zweckgebung" eingeleitet. 40 Objekte wurden durchsucht.
Vor einigen Wochen hatte die politische Polizei Digos sechs Männer inhaftiert
Indes hat in L' Aquila die Militarisierung der "roten Zone" begonnen. Mit Checkpoints und Aufklärungsdrohnen ("Predator") wollen Militär und Polizei mit Operation
Landesweite Proteste
Auch gestern oragnisierten Aktivisten in ganz Italien Besetzungen von weiteren Universitäten, "Sit-Ins" und Demonstrationen. Aktivisten blockierten mit Transparenten und Zelten die Autobahn A24 von Rom nach L'Aquila, 500 weitere eine Kreuzung in der Stadt die auch von G8-Delegationen passiert wird. Alle Gleise des römischen Bahnhofs Termini wurden von 200 Demonstranten lahmgelegt. In Turin hatte eine Gruppe den RAI-Rundfunksender besetzt
Eine Demonstration in Rom wurde von der Polizei nach einem Kilometer gestoppt und aufgelöst. Laut Berichten von Aktivisten haben Polizisten in Zivil im Anschluss in "Menschenjagden" auf potentielle Demonstranten Bars und Geschäften gestürmt.
Landesweit wurden mindestens 36 Aktivisten verhaftet, unter ihnen sechs aus Frankreich, fünf aus Schweden, zwei aus Deutschland und jeweils einer aus der Schweiz und Polen. Die meisten von ihnen wurden nach Straßenblockaden in Gewahrsam genommen, gegen 10 wurde Haftbefehl erlassen. Fünf weitere, die französischer Staatsbürgerschaft sein sollen, wurden an einer Straßensperre bei L'Aquila, dem trotz gestrigen Erdbeben vorgesehenen Austragungsort des Gipfels, festgenommen. Nach einer Identitätsfeststellung wurden alle wieder freigelassen. In den ausgehändigten Dokumenten tauchte der Vorwand der Festnahme, angebliche Eisenstangen und ein Baseballschläger, nicht auf. Auf einer Pressekonferenz wiesen Solidaritätsgruppen darauf hin, dass keine der behaupteten Materialien im Auto gefunden wurden. Dennoch fand die Meldung ihren Weg über die Agenturen in die internationale Öffentlichkeit. Unabhängige Journalisten
Unterdessen kritisieren die Organisatoren der "Mondiali Antirazzisti", einer jährlich nahe Reggio Emilia stattfindenden Fußballweltmeisterschaft, dass anreisende Delegationen an den Grenzen schikaniert wurden. Wegen der Aussetzung des Schengen-Abkommens zu Grenzkontrollen hatten Grenzpolizisten Mannschaften aus Ghana und Kongo aufgrund ihres Aussehens kontrolliert
Für die nächsten Tage haben verschiedene Bewegungen weitere "diffused actions" in Italien, Deutschland und Spanien angekündigt. Am 10. Juli rufen soziale Zentren, Basisgewerkschaften, Solidaritätsinitiativen und lokale Kommitees der Erdbebenregion zu einer Abschlußdemonstration in L'Aquila auf. Nach unterschiedlichen Meldungen
Quelle: www.heise.de