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ArbeiterInnen wehren sich!
Mittwoch, den 25. März 2009 um 22:19 Uhr
Die schlimmste Rezession seit Jahrzehnten hat für immer mehr Menschen harte Konsequenzen. Die Protestaktionen häufen sich, mitunter eskaliert die Lage sogar: In Frankreich ist erneut ein Manager als Geisel genommen worden, in Grossbritannien wurde das Haus des ehemaligen Vorstandschefs der Royal Bank of Scotland beschädigt
Ins Visier geraten Manager, die trotz Milliardenverlustes ihrer Unternehmen Millionensummen kassieren. Heftigste Kritik traf den ehemaligen Chef der Royal Bank of Scotland (RBS), Fred Goodwin, der eine Pension von jährlich 1 150 000 Franken bekommt. Die Bank fuhr 2008 mit einem Fehlbetrag 41,3 Milliarden Franken den höchsten Verlust in der britischen Wirtschaftsgeschichte überhaupt ein.
Am Mittwoch wurde die Polizei zu Goodwins Haus in Edinburgh gerufen: Unbekannte hatten das Haus beschädigt, Scheiben wurden eingeworfen. An einem vor dem Haus geparkten Mercedes-Benz S600 wurde die Heckscheibe eingeschlagen. Goodwin, wegen drastischer Sparmassnahmen auch «Fred the Shred» (Fred der Zerkleinerer) genannt, hatte sich Forderungen der Regierung widersetzt, auf einen Teil seiner Pension zu verzichten. RBS-Sprecher Neil Moorhouse erklärte, die Sicherheitsvorkehrungen für Goodwin würden nun überprüft.
In Frankreich wurde derweil zum zweiten Mal binnen zwei Wochen ein Manager als Geisel genommen. Mitarbeiter der US-Büromaterialfirma 3M halten den Frankreich-Chef Luc Rousselet seit Dienstagabend in der Niederlassung in Pithiviers fest, wie das Unternehmen bestätigte. 3M hatte vergangene Woche mitgeteilt, mehrere hundert Beschäftigte in Frankreich zu entlassen.
Schon am 13. März nahmen wütende Arbeiter einer Sony-Fabrik bei Bordeaux den Frankreichchef des Konzerns für eine Nacht als Geisel. Er wurde erst nach neuen Verhandlungen über die geplanten Werkschliessungen wieder freigelassen.
Erhängte Stoffpuppen und brennende Autoreifen
In Reims schleuderte die Continental-Belegschaft aus Wut über Entlassungen Schuhe und Eier auf Manager und erhängte zwei lebensgrosse Stoffpuppen, die den Vorstand symbolisierten sollten. Am Mittwoch zündeten sie in Paris auf einem Protestmarsch zum Präsidentschaftspalast Barrikaden aus Autoreifen an.
«Wir brauchen Hilfe, Hilfe von Präsident Nicolas Sarkozy», sagte Antonio Da Costa von der Gewerkschaft CFTC. «Sonst können die Reifen-Bosse machen, was sie wollen.» Vor einer Woche waren bis zu drei Millionen Menschen auf die Strasse gezogen, um gegen die Krisenpolitik Sarkozys zu demonstrieren.
«Die Lage birgt enormes Sprengpotenzial», meint denn auch Henrik Uterwedde, Sozialexperte vom Deutsch-Französischen Institutes (DFI). Er schliesst wegen der Wut der Krisenopfer eine soziale Revolte nicht aus. «Auch den Mai '68 hat niemand kommen sehen.» In Deutschland sei die Lage aber nicht ganz so explosiv wie in Grossbritannien oder Frankreich, weil die Gewerkschaften als glaubwürdige Vermittler zwischen Staat und Unternehmen wahrgenommen würden.
«Ausdruck der Hilflosigkeit»
Der Sozialwissenschaftler Dieter Rucht will keine feste Prognose abgeben, ob mit mehr Protesten zu rechnen ist. Doch erwartet er, dass es künftig mehr Einzelfälle geben wird - von regelrechten Volksaufständen jedoch geht er nicht aus. Die Vorfälle in Frankreich und Grossbritannien wertet der Experte vom Berliner Wissenschaftszentrum als «einen Ausdruck der Hilflosigkeit», der zum symbolischen Regelbruch führe.
«Ich würde mich nicht wundern, wenn es Nachahmer gibt», sagte Rucht der Nachrichtenagentur AP am Mittwoch. Dies gelte umso mehr, weil Protestaktionen heute via Internet ganze neue Verbreitungswege fänden.
Proteste vor Villen von AIG-Managern in den USA
Auch in den USA gibt es den Trend, die Empörung angesichts von Millionen-Boni direkt gegen führende Manager zu richten: Am vergangenen Wochenende protestierten rund 40 Demonstranten vor den Villen von AIG-Managern. Die Boni führten zu heftigen Protesten, weil AIG zur gleichen Zeit nur durch 182,5 Milliarden Dollar an Steuergeldern vor dem Ruin bewahrt wurde.
Sogar Todesdrohungen wurden gegen Manager des maroden Versicherungskonzerns schon ausgestossen. Und einige amerikanische Unternehmen haben ihre Angestellten mittlerweile angewiesen, auf Firmenlogos an der Kleidung zu verzichten, nachts nur noch zu zweit zu fahren und nur an gut beleuchteten Plätzen zu parken.
Quelle: AP