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Thun: Jenni beim Statthalter abgeblitzt
Dienstag, den 24. Januar 2006 um 03:06 Uhr
Im Zusammenhang mit zwei antifaschistischen Kundgebungen von 2005 legte sich der linke Anwalt Daniele Jenni mit den Thuner Stadtbehörden an. In einem Fall ist er nun beim Regierungsstatthalter abgeblitzt – im anderen aber hat er einen Erfolg erzielt.
Am Abend des 15. Oktober 2005 versammelten sich beim Bahnhof Thun rund 350 Personen, um im Rahmen eines unbewilligten «Antifaschistischen Abendspaziergangs» gegen Neonazis zu demonstrieren. Doch daraus wurde nichts: Die Kantonspolizei, mit 300 Mann vor Ort, kesselte die Demonstranten mit Hilfe von Tränengas und Gummischrot ein und liess sie erst nach einem stundenlangen Kontrollprozedere einzeln gehen.
In der Folge reichte der links-grüne Berner Anwalt Daniele Jenni, der sich selber unter den Demonstranten befunden hatte, in seinem eigenen und im Namen zweier weiterer Teilnehmer beim Regierungsstatthalter eine doppelte Beschwerde gegen den Thuner Gemeinderat und die Polizei ein. Begründung: Die Anordnung des Polizeieinsatzes durch den Gemeinderat sowie der Einsatz selber seien ungerechtfertigt und unverhältnismässig gewesen.
Letzte Woche hat Regierungsstatthalter Bernhard Wyttenbach die Beschwerde behandelt. Was den Gemeinderat betrifft, so hat Wyttenbach Nichteintreten beschlossen. Eine formelle Anordnung des Einsatzes durch die Exekutive habe es gar nicht gegeben, womit auch ein «beschwerdefähiges Anfechtungsobjekt» fehle, schreibt er in seinem Entscheid. Die Anordnung ergebe sich vielmehr aus dem Vertrag zwischen Stadt und Kanton aus dem Jahr 2002, in dem die Stadt die Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben an den Kanton delegiert hat.
Was die Beurteilung des Polizeieinsatzes an sich betrifft, so erachtet sich Wyttenbach als nicht zuständig. Das Verhalten der Kantonspolizei sei vielmehr durch die kantonale Polizei- und Militärdirektion zu prüfen, an die er die Sache weiterleiten werde.
Verwaltungsgericht an der Reihe
Mit diesem Entscheid hat Jenni keine Mühe. «Das kann man so akzeptieren», sagt er. Was die Anordnung des Polizeieinsatzes durch den Gemeinderat angeht, so findet er Wyttenbachs Argumentation hingegen «sehr formalistisch». Eine schriftliche Verfügung habe der Gemeinderat zwar tatsächlich nicht erlassen. Dennoch sei eine Verfügung «als rechtlich gegeben vorauszusetzen», sagt Jenni. «Ein Entscheid des Gemeinderats muss vorgelegen haben, auch wenn es nicht in den Akten steht.» Anders könne er sich das unnachgiebige Auftreten der Polizei nicht erklären. Zumindest in seinem eigenen Namen werde er die Beschwerde ans Verwaltungsgericht weiterziehen. «Vom Statthalter habe ich nicht mehr erwartet.»
Noch offen ist, was mit den Strafanzeigen wegen Nötigung und Freiheitsberaubung geschieht, die Jenni wegen des Polizeieinsatzes eingereicht hat. Diese sind zurzeit beim Untersuchungsgericht Berner Oberland hängig.
Bussen waren ungerechtfertigt
Einen Erfolg hat Jenni im Fall der Demonstration «Gegen rechte Gewalt in Thun» vom 14. Juli 2005 erzielt, die von der Polizei verhindert worden war. In der Folge büsste die Stadt zahlreiche Jugendliche wegen Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration. Sieben von ihnen zogen die Bussenverfügung ans Gericht weiter – vier in eigener Regie und drei vertreten durch Anwalt Jenni. In diesen drei Fällen werde er die Strafverfolgung aufheben, in drei weiteren sei das bereits erfolgt, sagt der zuständige Richter Raphael Lanz. Im letzten Fall seien vor dem Entscheid noch zusätzliche Abklärungen nötig.
Er habe «nichts, was ich den Jugendlichen vorwerfen könnte», sagt Lanz. Die Absicht zur Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration sei nicht strafbar, und die Teilnahme selbst lasse sich nicht nachweisen. Als Kritik an der Polizei will Lanz diese Aussage nicht verstanden wissen – diese habe «ihren Job gut gemacht», indem sie die Demonstration verhindert habe. Gerade dadurch ergebe sich aber ein Dilemma: «Wenn die Polizei ihren Auftrag gut ausführt, nimmt niemand an einer Demonstration teil» – und niemand könne gebüsst werden. Noch unklar sei, ob die von Jenni vertretenen Jugendlichen wie gefordert Anspruch auf eine Entschädigung hätten. «Das werde ich prüfen.»
Quelle; Bund vom 24.1
Der Vollständigkeit halber noch der Artikel aus dem TT
Statthalter: «Nicht zu-ständig für Beschwerde»
Das Regierungsstatt-halteramt Thun sieht sich für die Beurteilung einer Beschwerde des Berner Anwalts Daniele Jenni nicht zuständig. Die Beschwerde bemängelt das Verhindern einer linken Demo.
Am 15. Oktober 2005 verhinderten 300 Polizisten im Auftrag der Stadt Thun, dass 350 Demonstranten unbewilligt einen «antifaschistischen Abendspaziergang» durchführen konnten. Die Demonstranten wurden von der Polizei vor dem Bahnhof eingekesselt und durften den Kessel erst nach Angabe ihrer Personalien verlassen (wir haben berichtet). Vereinzelt kam es an jenem Abend zu Scharmützeln zwischen Ordnungshütern und Demonstranten, die sich durch das massierte Polizeiaufgebot provoziert sahen.
Mitte November reichte der Berner Anwalt Daniele Jenni beim Regierungsstatthalteramt Thun eine Beschwerde ein. Der Regierungsstatthalter von Thun, so Jennis Forderung, solle feststellen, dass derPolizeieinsatz als solches nicht hätte durchgeführt werden dürfen und dass die Personenkontrollen und Anhaltungen nicht rechtens waren. Letzteres sei ein unverhältnismässiger Verstoss gegen die persönlichen Grundrechte. Nun hat der Regierungsstatthalter entschieden, er sei der falsche Adressat für die Beschwerde.
Ein Teil von Jennis Beschwerde zweifelt an, ob die Anordnung der Stadt an die Polizei, die Demo zu verhindern, rechtmässig war. Darauf tritt das Statthalteramt laut Stephan Hirt nicht ein. «Die Anordnung ist rechtlich abgesichert und stützt sich auf den gültigen Vertrag zwischen der Stadt Thun und dem Kanton Bern und kann nicht mit einer Verwaltungsbeschwerde angefochten werden», führt der zuständige Fürsprecher Hirt aus. Für den zweiten Teil der Beschwerde, der sich gegen das polizeiliche Vorgehen an sich richtet, sieht Hirt das Regierungsstatthalteramt nicht zuständig. «Wir haben entschieden, dieses Dossier der kantonalen Polizei- und Militärdirektion, POM, weiterzugeben.» Vorher haben Daniele Jenni und seine Klienten aber die Möglichkeit, gegen diese Entscheide des Statthalteramts Beschwerde zu führen.
Laut der zuständigen Nicole Studer würde die POM zuerst untersuchen, ob die Handlungen der Beamten im Dienst überhaupt anfechtbar sind. Dies aber erst, wenn der Entscheid, einen Teil der Beschwerde an die POM weiterzugeben, rechtskräftig werden sollte. Thuns Polizeivorsteher Heinz Leuenberger zeigte sich auf Anfrage dieser Zeitung mit diesem Vorgehen «zufrieden».maz