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Gericht verbietet Lauschangriffe

In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht der vorbeugenden Telefonüberwachung eine klare Absage erteilt. Das dürfte all jene ärgern, die schärfere Kontrollen im Zeichen des Terrors fordern.
 
In einem am Mittwoch in Karlsruhe veröffentlichten Urteil erklärten die Verfassungsrichter das niedersächsische Sicherheitsgesetz, das das Abhören von Telefongesprächen erstmals vorbeugend für zukünftig erwartete Straftaten erlaubt hat, in Teilen für verfassungswidrig und nichtig.

In der Urteilsbegründung hiess es, Niedersachsen habe in die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes eingegriffen, der die Telefonüberwachung zur Strafverfolgung geregelt hat. Aber auch inhaltlich greife das Gesetz unverhältnismässig in das Fernmeldegeheimnis ein. Zudem sei zu unbestimmt geregelt, bei welchen vermuteten Straftaten die Telefonüberwachung eingesetzt wird.

Damit hatte die Verfassungsbeschwerde eines Richters in vollem Umfang Erfolg. Robert Suermann, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Oldenburg, nannte das Urteil einen «tollen Erfolg» für die Bürgerrechte. Das niedersächsische Gesetz habe sich nicht auf die Abwehr terroristischer Gefahren beschränkt. Die niedersächsische Landesregierung kündigte an, den Spielraum für ein neues Gesetz zu prüfen. Staatssekretär Roland Koller liess in Karlsruhe aber offen, ob es ein neues Landesgesetz geben wird.

Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier sagte zu Beginn der mündlichen Urteilsverkündung, es gehe in dem Urteil um die richtige «Balance zwischen Freiheit und Sicherheit». Die Vorschrift im niedersächsischen Sicherheitsgesetz ermögliche eine Telefonüberwachung weit im Vorfeld konkreter Straftatvorbereitungen. Sie könne erfolgen, «wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass jemand in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird». Die Formulierung «Straftaten von erheblicher Bedeutung» sei aber zu unpräzise. Da die Vorschrift auch zur Überwachung der Telekommunikation bei Kontakt- und Begleitpersonen ermächtige, sei nicht mehr vorhersehbar, wer durch welches Verhalten mit dem Abhören seiner Telefongespräche rechnen müsse.

Der Eingriff sei auch unverhältnismässig. Das Fernmeldegeheimnis sei in der Verfassung geschützt, Telefonüberwachung bedeutete einen schweren Eingriff in das Grundrecht. Verhältnismässig sei das nur dann, wenn es um den Schutz «überragend wichtiger» Gemeinwohlbelange gehe. Solch eine Einengung fehle in dem Gesetz.


Anknüpfung an Urteil zum grossen Lauschangriff

Schliesslich knüpfen die Richter bei der Telefonüberwachung an ihr Urteil zum grossen Lauschangriff an. Zwar gelte für die Telefonüberwachung nicht das Selbe wie für die Wohnraumüberwachung. Wegen des Risikos, dass beim vorbeugenden Abhören auch der private Lebensbereich erfasst werde, dürfe der Eingriff aber nur bei «hoher Gefährdungsintensität» und bei einem hohen Rang des «gefährdeten Rechtsguts» hingenommen werden. Erforderlich seien auch Sicherungen, dass höchst persönliche Gespräche nicht verwertet und unverzüglich gelöscht werden, wenn sie ausnahmsweise aufgezeichnet wurden. «An derartigen Regelungen aber fehlt es im Gesetz», befand der Erste Senat.

Die fehlende Gesetzgebungskompetenz des Landes liege dort vor, wo das Gesetz auch der vorbeugenden Strafverfolgung diene. Diese habe der Bund durch die in der Strafprozessordnung normierte Telefonüberwachung geregelt. Für parallele Ländergesetze sei deshalb kein Raum. Nach dem Bundesgesetz ist eine Telefonüberwachung auch bei der Vorbereitung von Straftaten möglich, sofern der Versuch unter Strafe steht. Der Bund habe die Telefonüberwachung zum Zweck der Strafverfolgung damit abschliessend geregelt.
Quelle: AP