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G8 Italien: Repression hält an

Neues zu den Verhafteten der "Operation Rewind"
“Schwarzer Block, unter denen der eine oder andere Ausländer ist”
In den Morgenstunden des 6. Juli hatte die italienische Staatsanwaltschaft unter Leitung des Turiner Generalstaatsanwalts Caselli versucht, in einer “Operation Rewind” Haftbefehle gegen 21 italienische AktivistInnen zu vollstrecken.
solidarity



















 
Die politische Polizei Digos hatte 15 Personen umgehend inhaftiert und die übrigen mit Hausarrest belegt. Mindestens eine Person hielt sich allerdings im Ausland auf, zwei andere wurden nicht angetroffen.
Zwei Tage vor dem Beginn des G8-Gipfels sollten potentielle militante DemonstrantInnen präventiv verhaftet werden. Es habe sich laut Caselli um eine “Operation zum Schutz der Meinungsfreiheit” gehandelt, weil “gegen die Gewalttätigen interveniert” wurde. Einer der Betroffenen aus Neapel wurde von der Polizei bis nach L’Aquila, wo der G8-Gipfel stattfand, verfolgt.
Weitere Ermittlungen sind im Gange, spätere Verhaftungen nicht ausgeschlossen.

Die Festgenommenen aus Turin, Padua, Bologna und Neapel sollen an militanten Protesten gegen den “G8 University summit” Mitte Mai in Turin beteiligt gewesen sein, Vorwürfe lauten auf Nötigung, Widerstand, Körperverletzung und Sachbeschädigung. Bei den Protesten hatten Demonstranten versucht, Polizeisperren zu überwinden um in die “Rote Zone” zu gelangen. Die Polizei wurde mit Feuerlöschern attackiert, eine Symbolik die an den Tod von Carlo Giuliani beim G8 2001 erinnern sollte (Carlo wurde erschossen als er einen Feuerlöscher vor einem Polizeifahrzeug in die Höhe hielt).

Einer der Betroffenen aus Neapel wurde von der Polizei bis zu einem Fackelzug in L’Aquila verfolgt. Nach den Razzien hatten StudentInnen landesweit Universitäten besetzt, um Stellungnahmen der Hochschulleitungen zu fordern.

Nach zügigen Auswertungen von Videomaterial hatte die Polizei versucht, vermeintliche Militante zu identifizieren: "Es gibt Details, wie Schuhe, Hosen, Pullis, T-Shirts, Helme, in Kombination mit Bildern der Personen “mit offenem Gesicht” (Staatsanwalt Caselli). Die DemonstrantInnen werden, da sie in Ketten laufen, als “para-militärisch organisiert” diffamiert.

Mindestens sechs der Festgenommenen wird kein konkreter Tatvorwurf gemacht, allein eine Nähe zum “antagonistischen Spektrum” reichte als Haftgrund. Einer der Betroffenen gehört zu den 25 italienischen Aktivisten, die wegen des G8-Gipfels 2001 in erster Instanz zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden. Das Gericht in Genua hatte den Paragraphen “Plünderung und Verwüstung” zugrundegelegt, der aus der Zeit des Faschismus stammt und bis 2001 kaum angewendet wurde. Das als “Gesinnungsjustiz” kritisierte Gesetz erlaubt auch bei dürftiger Beweislage und minderschweren Taten ein hohes Strafmaß. Die meisten der ebenfalls wegen des Gipfels in Genua angeklagten Polizisten, denen Misshandlungen, Beweismittelfälschung oder Falschaussage vorgeworfen werden, wurden demgegenüber freigesprochen oder profitieren von Verjährung.

Der Leiter der Anti-Terror-Brigaden des italienischen Innenministeriums, Carlo De Stefano, sieht die 21 von Repression betroffenen als Teil eines “schwarzen Blocks”, der aus “in unterschiedlichen Städten wohnenden Elementen, unter denen der eine oder andere Ausländer ist” bestehe und die “in enger Verbindung und wahrscheinlich auch mit Auskundschaftungen Guerrillatechniken studieren”. De Stefano leitete bereits mehrere Operationen gegen italienische anarchistische Bewegungen.

Wenige Tage vor der Verhaftungswelle gegen die 21 AktivistInnen hatte die Carabinieri bei Viterbo in Süditalien zwei Männer festgenommen, denen vorgeworfen wird, Mitglied einer “anarcho-insurrektionalistischen Bewegung” mit Nähe zur “Federazione Anarchica Informale” (F.A.I.) zu sein. Sie sollen an einer Brücke versucht haben, sogenannte “Hakenkrallen” an der Oberleitung einer Bahnlinie anzubringen um den Zug zum Halten zu zwingen. Gegen 30 weitere hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren wegen “subversiver Vereinigung mit terroristischer Zweckgebung” eingeleitet, 40 Objekte wurden durchsucht. Inzwischen wurde offenkundig, dass die Polizei diesbezüglich bereits seit 16 Monaten Observationen im anarchistischen Spektrum durchführt.

Kurz zuvor hatte die politische Polizei Digos sechs Männer inhaftiert, die nach Polizeiaussagen den G8-Gipfel mit einem Modellflugzeug angreifen und die Roten Brigaden wieder aufbauen wollten. Beide Gruppen, F.A.I. und eine “Brigate Rosse per la Costruzione del Partito Comunista Combattente”, stehen auf der “Terrorliste” der EU, die erst kürzlich erneuert wurde.

In einer Petition haben nun mehr als 400 DozentInnen, ForscherInnen, SchriftstellerInnen und JournalistenInnen aus aller Welt ihre Solidarität mit den Verhafteten ausgedrückt: “An jenem Tag [19. Mai] haben über zehntausend Studenten, Doktoranden und prekäre Universtitätsarbeiter mit einer großen Demonstration öffentlich das Wort ergriffen, um – ein weiteres Mal nach den Mobilisierungen im Herbst – deutlich zu machen, dass sie für den Prozess der Demontage der öfentlichen Hochschule nicht zur Verfügung stehen”.

Nach einer Haftprüfung letzte Woche wurden zwar die Haftbefehle aufgehoben, die Vorwürfe aber in der Sache aufrechterhalten. Von den 18 AktivistInnen, die von der Polizei angetroffen wurden, sind zwei in den Hausarrest übergegangen. Zwei weitere haben die Auflage, nur an ihrer Meldeadresse zu wohnen und dort zu übernachten. Die restlichen 14 müssen täglich in einem Polizeirevier ihre Anwesenheit dokumentieren (bis auf einen, der zweimal in der Woche erscheinen muß). Letztlich wurde also lediglich die “präventive Verwahrung” aberkannt, die “Indizien” sind aber für weitere Ermittlungen oder Anklagen ausreichend.

Quelle: Indymedia Deutschland