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»Schmutziger Krieg« gegen die ETA scheint in eine neue Phase zu treten

Die verweste Leiche, die Angler am Montag im nordbaskischen Fluß Errobi entdeckten, weist keine Merkmale von Jon Anza auf. Die französische Staatsanwältin aus Baiona (Bayonne), Anne Kayanakis, die das Verschwinden des baskischen Aktivisten untersucht, beeilte sich, diese Nachricht den Medien mitzuteilen.

jon

 
41024Anza verschwand im April auf der Fahrt von Baiona nach Toulouse, wo er ein Treffen mit Vertretern der Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) hatte. Sein Verschwinden bestätigte die ETA in einem Kommuniqué, das Ende Mai die baskische Tageszeitung Gara veröffentlichte. Darin macht die ETA die spanische und französische Polizei für Anzas Schicksal verantwortlich. Der 47jährige Baske war 2002 nach 21 Jahren Haft freigekommen. Nur kurz lebte er in seiner Heimatstadt Donostia (San Sebastián), bis die Anfeindungen ihn 2005 veranlaßten, sich im sogenannten französischen Baskenland niederzulassen. Dort lebte er legal und ging einer geregelten Arbeit nach. Mitte Mai machte die Familie Anzas Verschwinden publik. Die französische Kriminalpolizei nahm die Ermittlungen auf.

Der Fall Anza scheint die Liste jener Basken zu verlängern, die auf französischem Territorium Opfer des »schmutzigen Krieges« wurden. 1976 verschwand der Kopf der politisch-militärischen ETA-Fraktion, Eduardo Moreno Bergaretxe, »Pertur«, spurlos. 1980 ereilte dieses Schicksal das Mitglied der »Antikapitalistischen Kommandos« José Miguel Etxeberria Álvarez. Nach einer Schießerei mit der Gendarmerie fehlt seit 1983 jede Spur von Jean Louis Larra, der der Iparretarrak (IK – ETA des Nordens) angehörte. Im selben Jahr entführten spanische Polizisten die Flüchtlinge Joxi Zabala und Joxean Lasa, um sie im Palast des spanischen Zivilgouverneurs der Provinz Gipuzkoa zu foltern. Ihre sterblichen Überreste tauchten 1995 in Südspanien auf. Sie waren Opfer des »schmutzigen Krieges«, den der sozialdemokratische Premier Felipe González (PSOE) gegen die ETA führen ließ. Unter seinem politischen Ziehsohn, José Luis Rodríguez Zapatero, scheinen die alten Methoden, mit denen Spaniens Schattenkrieger versuchten, den baskischen Widerstand zu brechen, wieder in Mode zu kommen.

Am Samstag demonstrierten Menschen in Iruñea (Pamplona), nachdem linke Aktivisten Opfer von Morddrohungen und Sachbeschädigungen wurden. Die Angriffe richteten sich gegen Personen, die auf einer »schwarzen Liste« angeblicher ETA-Helfer stehen, die die spanische Polizei 2008 verfaßt hat. Letztere stellt wahrscheinlich auch die Täter, die »Incontrolados« (Unkontrollierte) heißen. Der Begriff entstand in der Endphase der Franco-Diktatur. Er bezeichnet Polizisten, die außerhalb der Dienstzeit zusammen mit Faschisten versuchten, politische Gegner mit Drohungen, Bombenanschlägen und Morden einzuschüchtern.

Einen Monat nach Anzas Verschwinden entführten vier Zivilisten, die sich als Angehörige der autonomen baskischen Polizei Ertzaintza ausgaben, den ehemaligen politischen Gefangenen Lander Fernández in Bilbo. Es war der dritte Versuch innerhalb von neun Tagen, ihn zur Kollaboration zu zwingen. Am Mittwoch vergangener Woche verprügelten sie ihn und forderten ihn auf, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Fernández erstattete Anzeige und machte seinen Fall publik. Die Gespenster des »schmutzigen Krieges« sind zurückgekehrt.

www.jungewelt.de