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Strengere Regeln für Demos

Thuner Stadtrat verschärft Demoreglement – Erscheinen an unbewilligter Demonstration kann bestraft werden Das Thuner Stadtparlament hiess ein neues Reglement für Kundgebungen im öffentlichen Raum gut. Neu kann die Polizei Demonstranten zur Entfernung auffordern.
 
In Thun kann die Polizei künftig schärfer gegen chaotische Demonstranten vorgehen. Das Thuner Stadtparlament hat gestern nach einer langen und mitunter hitzig geführten Diskussion mit 26 zu 7 Stimmen klar eine Teilrevision des Ortspolizeireglements gutgeheissen. Die Volksvertreter beschlossen damit verschärfte Bestimmungen gegen unbewilligte Demonstrationen. Ab kommendem Jahr ist die Teilnahme an einer unbewilligten Kundgebung strikte untersagt. Pikant dabei: «Das Erscheinen am Versammlungsort gilt bereits als Teilnahme.»

Insbesondere über diesen Passus stritten sich denn die Parteien im Parlament auch. Die Stossrichtung der Revision wurde indes von keiner Partei in Frage gestellt. Dass gegen gewalttätige Demonstranten und chaotische Situationen, wie sie sich in den letzten Jahren in Thun wiederholt ereigneten (wann gabs die letzte RiotDemo????? 2. Antifaspaziergang), besser vorgegangen werden kann, darin herrschte Einigkeit.

Linke forderte Abschwächungen

Gegen den entsprechenden Absatz wehrten sich aber SP und GFL vehement. Es sei heikel, wenn sich Leute bereits strafbar machten, nur weil sie an einem Versammlungsort erschienen, sagte Max Sager (sp). Hier würden Leute fahrlässig unter Strafe gestellt, so auch Thomas Hiltpold (gfl). Damit würden bei weitem nicht nur Chaoten getroffen, sondern auch Friedfertige. Rolf Marti (sp), der von der schweizweit repressivsten Formulierung sprach, gab zu bedenken, dass die Versammlungsfreiheit in Frage gestellt werde. Die SP wollte mit einem Antrag verhindern, dass die Erscheinung vor Ort als Teilnahme gilt. Doch der Antrag scheiterte am Widerstand von SVP, FDP und Fraktion der Mitte (CVP/EVP).
Mit Unterstützung der MitteFraktion wurde das Reglement allerdings dennoch abgeschwächt. Denn das Regelwerk, das unter SP-Gemeinderat Heinz Leuenberger erarbeitet wurde, sieht auch die Entfernungspflicht vor: An einer Kundgebung teilnehmende Personen haben sich «unverzüglich zu entfernen», wenn sie von der Polizei dazu aufgefordert werden. Ob eine Kundgebung aufgelöst werden muss, entscheidet die Polizei situativ vor Ort. Allerdings gilt eine allfällige Entfernungspflicht auch bei bewilligten Demonstrationen. Denn, so heisst es im Bericht des Gemeinderats an den Stadtrat, jede Kundgebung könne eskalieren. Es seien aber an eine Auflösung hohe Anforderungen gestellt. Mit diesem Passus könne die Polizei praxisgerechter eingreifen.
Auf Druck von SP und Mitte-Fraktion ergänzte der Gemeinderat nun diesen Artikel mit dem Hinweis, dass Demonstranten straffrei bleiben, wenn sie sich freiwillig entfernen, der Polizeiaufforderung folgen oder die unbewilligte Kundgebung friedlich verläuft.
So setzte sich am Schluss ein Mittelweg durch, für den die MitteFraktion den Weg ebnete. Die SP und GFL stimmten dem so leicht abgeschwächten Passus sowie dem gesamten Reglement abschliessend – gleichwohl – zu.

Bürgerliche für schärfere Variante

Die bürgerlichen Parteien hätten indes lieber die schärfere Variante des Gemeinderats gebilligt. Das Reglement sei ein griffiges Mittel, «wenn die verfassungsmässigen Grundrechte nicht mehr allgemeinverträglich durchgeführt werden können», sagte FDP-Sprecherin Jolanda Moser. Weshalb müsse man eine Bewilligung einholen, wenn bei einer unbewilligten Demo wieder Toleranz herrsche, fragte Gerhard Bieri (edu) rhetorisch. Zudem, so René Wittwer (svp), ein solches Reglement habe auch eine Abschreckungswirkung. Dem Reglement, so Fraktionskollege Andreas Lanz, dürften nicht schon alle Zähne gezogen werden.
Gemeinderat Leuenberger weibelte ebenfalls stark für die neue Regelung. Kein Recht werde eingeschränkt, es gehe einzig um die Eindämmung von Exzessen und Chaotentum. Und zur Strafbarkeit bereits beim Erscheinen sagte er: «Wie lange soll die Polizei denn warten? Wann fängt denn eine Demonstration an?» Ja doch eben dann, wenn sich die Teilnehmenden träfen, so Leuenberger.
Bei Verstössen gegen das Reglement droht eine Busse bis zu 5000 Franken. Das Thuner Ortspolizeireglement orientiert sich im Übrigen am Kundgebungsreglement der Stadt Bern. Dort steht die blosse Teilnahme an einer unbewilligten Kundgebung indes nicht unter Strafe. Eine Entfernungspflicht, wie sie Thun einführt, hatte das Berner Stadtparlament abgelehnt.
Ansonsten hält das Reglement weiter fest, wann für eine Kundgebung eine Bewilligung eingeholt werden muss und wann sie als Spontandemo nur meldepflichtig ist. Weiter regelt es das Übernachten im öffentlichen Raum. Eine Neuregelung schliesslich ist, dass es im Bereich der Innenstadt und bei den Brücken generell verboten ist, Feuerwerke abzubrennen.