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350 Leute eingekesselt

Mit einem Grossaufgebot verhinderte die Polizei am Samstag Abend, dass gegen 350 linke Aktivisten zu einem «Antifaschistischen Abendspaziergang» durch die Thuner Innenstadt loszogen. Einheiten aus dem gesamten Nordwestschweizer Polizeikonkordat hatten den Bahnhofplatz grossräumig abgeriegelt (Bild). Die eingekesselten Demonstranten verhielten sich weitgehend friedlich. Einzig als eine Gruppe vom See her auf den Bahnhofplatz vordringen wollte, drohte die Situation zu eskalieren; die Polizei setzte Tränengas und Gummischrot ein. Gegen ein Uhr nachts war die Demo beendet.maz

Kommentar 


 
Schade!

Kommentar

Marco Zysset


Wenns die Antifa nicht gäbe, gäbe es kaum jemanden, der sich lautstark gegen Neonazis und ihr faschistisches Gedankengut wehrt. Neonazis notabene, die im Raum Thun/Berner Oberland zum Teil seit Jahren aktenkundig sind, aber nicht dingfest gemacht werden, weil sie immer wieder Schlupflöcher in der Gesetzgebung finden. So gesehen ist die Idee eines «Antifaschistischen Abendspaziergangs», mit welchem auf die Machenschaften der «braunen Brut» aufmerksam gemacht werden soll, im Grundsatz positiv zu bewerten.
Am Samstag Abend hat der grösste Teil der angereisten Demonstranten in Thun bewiesen, dass es auch unvermummt und ohne Gewalt gehen könnte. Drohte die Stimmung zu eskalieren, weil sich einige Hitzköpfe genötigt sahen, sich auf ein Kräftemessen mit der Polizei einzulassen, wurden sie sofort von den anderen Demoteilnehmern mit Megafonen und Sprechchören zurückgepfiffen.
Trotzdem kam es da und dort zu Gewaltakten, Steine und Flaschen flogen, die Polizei antwortete mit Tränengas und Gummischrot, und ein vermummter Aktivist drohte Polizeivorsteher Heinz Leuenberger: «I mache di platt –u dis Hus dermitt!» Dies weil sich Leuenberger weigerte, mit Maskierten zu verhandeln, geschweige denn die Polizei abziehen zu lassen. Dabei ist Leuenbergers Konsequenz lobenswert: Wer zweieinhalb Monate nur anonym mit der Stadt kommuniziert, darf nicht erwarten, dass der Polizeivorsteher dann am Abend der Demo mit Vermummten verhandelt.
Die Spielregeln waren von Beginn weg klar: Keine Bewilligung = keine Demo. So gesehen kam es gestern Abend, wie es kommen musste: Die Demonstranten hatten im Grundsatz recht, ihr ehrliches und legitimes Anliegen – Widerstand gegen den Rechtsextremismus – vertreten zu wollen. Weil sie aber keine Bewilligung einholen wollten, standen sie einer Masse von Polizisten gegenüber, die jeden Ausbruchversuch aus dem Kessel am Bahnhof mit Gummischrot quittierten. Die Konsequenz: Frust und Ärger bei den Demonstranten und den Ordnungshütern.
Lachende Dritte in diesem Katz- und Maus-Spiel sind die Neonazis, weil nun nicht sie, sondern die Linken Thema in der Öffentlichkeit sind. Schade, schafft es die Antifa nicht, auf konstruktive Art und Weise, anstatt anonym, für ihre Sache einzustehen. Dabei wäre es so einfach: Maske runter, Farbe bekennen, Bewilligung einholen, spazieren.m.zysset@bom.ch