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Antifaschistischer Aufmarsch
Samstag, den 15. Oktober 2005 um 10:36 Uhr
Heute Abend will die Antifa Berner Oberland durch Thun spazieren – ohne Bewilligung
In Thun blickt man dem heutigen Abend mit Bangen entgegen: Die Antifa Berner Oberland hat zum Dritten Antifaschistischen Abendspaziergang aufgerufen und will laut Communiqué «friedlich gegen die zunehmende Präsenz und Gewalt von Neonazis im Berner Oberland protestieren».
Seit rund vier Jahren macht die ausserparlamentarische Linke im Oberland von sich reden – Thun scheint neben Bern immer mehr zum kantonalen Zentrum autonomer Aktivitäten zu werden. Nachdem im Frühjahr 2002 beim Ersten Antifaschistischen Abendspaziergang in Thun 700 Personen friedlich durch die Stadt gezogen waren, kam es bei der Zweitauflage ein Jahr später zu Sachschaden von 200 000 Franken – auch zum Leidweisen der Demo-Organisatoren, die beim Versuch, die Vandalenakte zu verhindern, tätlich angegriffen wurden.
Auch mit verschiedenen kleineren Demonstrationen erlangten die Thuner Antifaschisten mediale Aufmerksamkeit, jüngst mit der Forderung nach einem autonomen Kulturzentrum oder mit der Reaktion auf einen Angriff eines Neonazis, der im Juli in eine Gruppe von linken Jugendlichen schoss und eine Person am Bein verletzte.
Kern von rund 100 Antifas
Wie ein unter dem Pseudonym Michael Müller auftretender Vertreter der Antifa Thun gegenüber dem «Bund» erklärte, zählen 80 bis 100 Personen zum engeren Kreis der Antifa-Bewegung in Thun. «Die Bewegung ist in den letzten Jahren stark gewachsen», erklärt Müller. Er glaubt aber nicht, dass die Antifa-Bewegung in Thun grösser ist als in anderen regionalen Zentren des Kantons. «Wir sind in Thun aber sehr sichtbar und aktiv und können zudem mit dem ganzen Oberland auf ein grosses Einzugsgebiet zählen», erklärt er.
Giorgio Andreoli, der das GGG-Fon, ein Beratungstelefon zu Rassismus und Gewaltfragen in der Region Bern, leitet, sieht den Grund der zunehmenden Aktivität der Antifa in Thun vor allem im Zusammenhang mit der vermehrten Präsenz von Rechtsradikalen im Oberland. Seine persönlichen Erfahrungen und Informationen, so Andreoli, deckten sich mit der Einschätzung der Antifa Thun, die von einer zunehmenden Militanz von Seiten der rund 80 bekennenden Rechtsradikalen im Oberland spricht. «Die rechte Szene ist im Berner Oberland grösser, als man denkt», erklärt Andreoli, das Problem der Rechtsradikalen sei im Oberland «verdeckter» als im Mittelland oder im Oberaargau. Nur wenige Übergriffe von Rechtsradikalen würden der Polizei angezeigt, neben den polizeilich registrierten Vorfällen gebe es eine grosse Dunkelziffer, sagt Andreoli.
500 bis 800 Teilnehmer erwartet
Für den Dritten Antifaschistischen Abendspaziergang heute Abend rechnet die Antifa Oberland laut Michael Müller mit 500 bis 800 Teilnehmern. Vor zwei Jahren waren noch 1500 Personen mitmarschiert, doch hätten die Ausschreitungen Sympathien in der Bevölkerung gekostet, erklärt Müller. Diese Sympathien gelte es heute mit einer «friedlichen Kundgebung» wieder aufzubauen und die inhaltlichen Anliegen in den Vordergrund zu stellen. Den friedlichen Verlauf des Spaziergangs will die Antifa mit einem «Demoschutz» garantieren. Eine Bewilligung für die Kundgebung hat sie aber nicht eingeholt. Antifaschismus brauche keine Bewilligung.
Versuche der Stadt, mit den Organisatoren in Kontakt zu treten, sind laut dem stellvertretenden Thuner Polizeichef, Beat Hadorn, erfolglos geblieben. Deshalb will die Polizei am Samstag «grundsätzlich auch keinen Umzug zulassen». «Wer teilnimmt, macht sich strafbar», erklärt Hadorn. Oberstes Gebot sei jedoch, Verletzte und Sachschaden zu verhindern. Über das genaue Vorgehen der Polizei entscheidet der Thuner Gemeinderat und Polizeivorsteher Heinz Leuenberger heute kurzfristig und je nach Situation.