Newswire
Neonazis leisten ungehindert Militärdienst
Read more...
Communiqué von A-Perron zum Angebot der Stadt Thun
Read more...
Thun schafft Freiraum für die Jugend
Read more...
Communiqué zum Nächtlichen Tanzvergnügen 2.0
Read more...
Spur der Neonazimorde führte in die Schweiz
Read more...
Veröffentlichen
> News eintragen
> Termin eintragen
> Link melden
Nach Naziangriff - Match wird wiederholt
Mittwoch, den 02. Dezember 2009 um 18:44 Uhr
Neonazis werfen Böller auf Fans, verprügeln sie mit Eisenstangen - der brachiale Angriff bei einem Spiel von Roter Stern Leipzig hat jetzt Folgen. Aber andere als von den Opfern erhofft: Statt dem Club den Sieg zuzusprechen, soll das Match wiederholt werden. Die Wut ist groß, der Verein will sich wehren.
Genau an diesen Ort sollen Fans und Team jetzt zurückkehren - so zumindest sieht es der Leipziger Fußballverband. "Das ist eine Zumutung und nur schwer vorstellbar. Wir tendieren dazu, das Spiel zu boykottieren, aber eine genauere Aussage dazu kann ich noch nicht machen", sagt Krobitzsch. "Wir sind alle total überrascht, zumal wir fest damit gerechnet hatten, dass das Spiel zu unseren Gunsten gewertet wird und uns damit eine weitere Fahrt an diesen Ort erspart wird", sagt Krobitzsch.
"Abbruch bei mangelndem Ordnungsdienst"
In der Tat ist dieses Urteil - diplomatisch formuliert - eine große Überraschung. Denn der Verband legt seine eigenen Regeln nicht sehr streng aus. Denn in der Spielordnung ist klar und deutlich festgeschrieben, was bei einem Spielabbruch passiert. Dort heißt es in Paragraf 61, der den "Spielabbruch" und den "unzulässigen Einsatz von Spielern" regelt, unter Punkt 5:
- Wird ein Spiel durch Verschulden einer Mannschaft oder ihres Vereins oder durch Verschulden beider Vereine nach 3 d) bis 3 h) vorzeitig abgebrochen, so ist das Spiel nach dem oder den Schuldigen mit 0:2 Toren als verloren, dem Unschuldigen mit 2:0 Toren und drei Punkten als gewonnen zu werten. Unter Punkt 3 f) wird eine der möglichen Begründungen näher bestimmt: Im Besonderen kann ein Spiel durch den Schiedsrichter abgebrochen werden bei bedrohlicher Haltung der Zuschauer oder mangelhaftem Ordnungsdienst.
Verantwortlich für den Ordnungsdienst ist der Heimverein, also in diesem Fall der FSV Brandis. Dieser - so lautet der Vorwurf der Gastmannschaft - habe trotz Warnungen im Vorfeld nicht für die nötige Sicherheit gesorgt. Der Sprecher des FSV Brandis, Gerd Große, hatte damals in einem Interview nach dem Spiel gesagt: "Der Buschfunk hatte signalisiert, dass sich hier irgendwelche Schlägertrupps angemeldet haben." Auch Günter Kögler, der Präsident des FSV Brandis, hatte das bestätigt. "Der Buschfunk war relativ eindeutig, deswegen haben wir das Gespräch mit der Polizei gesucht und auf die drohenden Gefahren hingewiesen", hatte er der "Welt" gesagt.
Eisenstangen hier, Flaschenverbot da
Die Vorwürfe von Roter Stern gingen sogar noch weiter. Nach Augenzeugenberichten hatte damals ein Ordner des FSV Brandis die Schläger über einen Seiteneingang auf die Anlage gelassen und soll sich später an der Randale beteiligt haben. Der FSV gab nach dem Spiel zu Protokoll, dass der Ordner aus der rechten Szene kam. Man habe ihm eine zweite Chance geben wollen. Vor dem Leipziger Sportgericht gab es jetzt eine andere Version.
"Der FSV Brandis hat diesen Vorwurf glaubhaft entkräftet", sagte Rainer Hertle, Präsident des Leipziger Fußballverbandes. So haben die Verantwortlichen laut Hertle eine Gruppe von 10 bis 15 Problemfans bewusst von einem Ordner zu einem Seiteneingang lotsen lassen, um die direkte Konfrontation mit den Gästefans zu vermeiden. Als diese dann in der Schlange zum Abkassieren standen, soll der Rest des "Mördermobs", wie Hertle die Gruppe der Angreifer bezeichnet, das Stadion gestürmt haben. "Der Verein hat die ihm zumutbaren Bedingungen für eine ordnungsgemäße Durchführung des Spiels erfüllt, darum trifft ihn keine Schuld", sagt Hertle. Dieser Meinung schlossen sich offensichtlich auch die Sportrichter an.
"Diese Darstellung ist ein absoluter Witz, da wurde kein einziger von der Gruppe abkassiert", sagt Krobitzsch. "Selbst wenn es so war: Wieso lagen auf dem Sportplatz Steine, Eisenstangen und Holzlatten bereit? Wo der Buschfunk doch im Vorfeld so eindeutig war", fragt Krobitzsch. "Wir dürfen aus Sicherheitsgründen bei unseren Heimspielen keine Glasflaschen verkaufen, und bei anderen liegen Eisenstangen herum, das kann doch nicht wahr sein."
Kampf statt Resignation
Zum Vergleich: Bei Randale in der Bundesliga wird in den meisten Fällen der Heimverein bestraft. Sogar, wenn die Gästefans die Verursacher der Ausschreitungen sind. So wurde der FC St. Pauli im Oktober zu einer Geldstrafe in fünfstelliger Höhe verurteilt, weil Fans der Gastmannschaft Feuerwerkskörper gezündet haben. Auch hier wird als Begründung angeführt, dass der ausrichtende Verein nicht für genügend Sicherheit gesorgt habe.
In Leipzig ticken die Uhren offenbar anders. Sowohl im Sportgericht als auch bei der Polizei, die trotz über 275 Zeugen und Hunderten von Bildern fünf Wochen brauchte, um fünf Tatverdächtige festzunehmen. Und auch im Verband herrscht erstaunliche Gelassenheit. Am Dienstagabend ist gegen 21 Uhr das Urteil gefällt worden. Bis Mittwochnachmittag war es noch nicht einmal auf der Internetseite eingestellt.
Bei Roter Stern Leipzig denken die Verantwortlichen jetzt darüber nach, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Sieben Tage hat der Verein dazu Zeit. Der Trainer habe nach der Verhandlung ans Hinschmeißen gedacht, sagt Krobitzsch, diesen Gedanken jedoch schnell wieder verworfen. Stattdessen will er nun kämpfen.
Quelle: spiegel.de