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Der lange Weg zurück...

Frank Försterling machte Karriere in der rechten Szene. Anfang 2009 hat er von den Stammtischparolen genug. Porträt eines Neonaziaussteigers.

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Aussteiger Frank Försterling

 

Eines Tages, sagt Frank Försterling, möchte er wieder Politik machen. Dabei endete sein letzter Einsatz erst vor wenigen Monaten. Fünf Jahre lang war »Frank the Tank«, wie sie ihn damals nannten, eines der aktivsten Mitglieder der Hamburger Neonaziszene. »Ich wollte mich für Deutschland und gegen die ›Überfremdung‹ durch Ausländer engagieren«, erzählt der 23jährige. Er habe regelmäßig an Aufmärschen der gewalttätigen Kameradschaftsszene teilgenommen, Rechtsrockkonzerte besucht, politische Gegner ausgespäht und war aktiv in der NPD. Jetzt sitzt Frank Försterling im »Alles wird schön«, einem kleinen linken Kulturladen in Hamburg-Harburg, und läßt die letzten Jahre Revue passieren. »Ich kann verstehen, daß einige Antifaschisten mir skeptisch gegenüberstehen, aber ich will mich mit meiner Vergangenheit auseinandersetzen«, sagt Försterling im Gespräch mit junge Welt. Es war ein langer Weg, den er bis zu diesen Tag zurückgelegt hat. Eine Wandlung, die er auch mit seiner Kleidung demonstrieren möchte. »Love Hardcore hate Homophobia«, steht auf seinem dunkelgrünen T-Shirt.

Noch vor einigen Jahren hörte Försterling am liebsten die Band »Landser«. Freunde aus der Schule haben ihm die Songs vorgespielt, beschreibt er seinen Einstieg in die rechte Subkultur. Landser war eine der bekanntesten Neonazicombos. Im Dezember 2003 verurteilte das Berliner Kammergericht die Mitglieder der Band wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie wegen Volksverhetzung. »Diese Musik ist sehr weit verbreitet, und damit kommen die meisten Leute zuerst in Berührung«, berichtet Försterling.

Irgendwann hatte er in einem Bus genau jene Musik im Ohr, als ihm ein Antifaschist, der die rechten Töne wohl aufschnappte, die Kopfhörer aus dem Ohr schnippte. Dieses Erlebnis habe seinen Marsch nach rechts weiter beschleunigt, sagt Försterling. Einige Neonaziskinheads, die auch im Bus saßen, nehmen den damals 17jährigen daraufhin mit auf eine Party. Dort habe er seine Ansichten plötzlich nicht mehr verstecken müssen. »Es ist eine sehr einfache Art, über den Nationalismus eine Identität zu bilden, das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Szene ist stark, und durch entsprechende Insignien zeigte man, wer man war«, reflektiert Försterling heute. Die Gespräche seiner neuen Freunde kreisten immer um dieselben Themen: Gewalt, Rechtsrock und Verehrung für »den Führer«.

Am 20.April 2003 feierte Försterling mit einigen Gleichgesinnten in einem Bierzelt auf dem Hamburger Dom den 114. Geburtstag von Adolf Hitler. Dort lernte er dann auch einflußreiche Kader kennen, die ihm den Weg in den inneren Kreis der Hamburger Neonaziszene ebneten. Bereits zum Jahresbeginn 2004 beteiligte sich Frank Försterling an mehreren Aufmärschen in Niedersachsen. Im südlichen Hamburg baute er mit einigen »Kameraden« eine regionale Neonazi-Gruppe auf, die zeitweise die Homepage »Brauner Block« betrieb und in Harburg eine große Anzahl von Demonstrationen durchführte.

2005 faßte er den Entschluß, der NPD beitzutreten. Für ihn damals eine logische Konsequenz. »Ich glaubte, mit dieser Partei eine antikapitalistische Politik machen zu können«, erläutert er seine Motive. Als »linken Nationalisten« habe er sich seinerzeit gesehen und für den Politiker und Schriftsteller Ernst Niekisch geschwärmt, der den sogenannten Strasser-Flügel der NSDAP beeinflußt hatte. Försterling ist zuverlässig und steigt schnell auf in der Parteihierarchie. Er wird »Jugendbeauftrager« für den Hamburger Stadtteil Harburg. Doch bald merkt Försterling, daß der Antikapitalismus der NPD nur Attitüde ist.

Die Partei sei in Hamburg wie in vielen anderen Landesverbänden »klar nationalsozialistisch« ausgerichtet; die Übergänge vom eher biederen NPD-Klientel zu den sogenannten Freien Kräften fließend, erläutert er. Vieles von dem, was die rechtsextremen Funktionäre nach außen vertreten, sei nur die »Lightversion« dessen, was viele Mitglieder wirklich denken. Der Landesvorsitzende und selbsternannte »Anwalt für Deutschland«, Jürgen Rieger, diene der Partei nur als Galionsfigur, da er vor allem bei älteren Menschen gut ankomme. Die Strippen ziehen andere. Der Bramfelder Jan-Steffen Holthusen beispielsweise. Holthusen kümmere sich um die Mitglieder, pflege Kontakte und baue die Strukturen aus. Vor allem bei »Stammtischen« stimme die Partei ihre Politik und Aktionen ab, erzählt Försterling weiter. Einige dieser Kreise seien dabei nur ausgewählten Personen zugänglich. 2008 zieht er nach Dortmund, bewegt sich im Umfeld der »Freien Kameradschaften«. Kopfmäßig habe er sich schon damals zunehmend vom Nationalismus entfernt, sagt Frank Försterling.

Als er Ende 2008 wieder nach Hamburg zieht, bricht er den Kontakt mit seinen ehemaligen Kameraden vollständig ab. Er sei enttäuscht gewesen von den »demagogischen Sozialphrasen der NPD«, begründet er diesen Schritt. Försterling nimmt Kontakt zu Antifa-Gruppen auf. Im Bundestagswahlkampf Ende September 2009 stellt er sich öffentlich gegen die NPD. Kurz vor einer Demonstration der rechten Truppe gegen das alternative Schanzenfest in Hamburg gibt er Presseinterviews, berichtet über die Szene. Doch auf Medienpräsenz will Försterling erst mal verzichten. »Ich möchte nicht zu einem zweiten Ingo Hasselbach werden, der immer noch seinen Kommentar zu allem abgibt«, sagt er mit Blick auf einen anderen prominenten Neonaziaussteiger.

 

Quelle: Junge Welt