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Spanienkämpfer werden rehabilitiert

Die freiwilligen Schweizer Kämpfer gegen den Faschismus im Spanischen Bürgerkrieg sollen rehabilitiert werden. Die wenigsten werden das noch miterleben.

 

Nach dem Nationalrat hat am Donnerstag auch der Ständerat einem Gesetz zugestimmt, das die damaligen Urteile und Entscheide gegen die Spanienkämpfer aufhebt.

Rund 650 Schweizer hatten im Krieg von 1936 bis 1939 in den internationalen Brigaden gegen General Francos Faschisten gekämpft. Ein Viertel von ihnen fiel im Kampf, der grösste Teil der anderen wurde von Schweizer Militärgerichten verurteilt. Rund 20 der Verurteilten leben heute noch, wie Ständerat Claude Janiak (SP/BL) in der Kleinen Kammer sagte. Ihnen gehe es um die Ehre. Weil das Geschäft dringend sei, solle die Rehabilitierung im Gegensatz zu den Flüchtlingshelfern im Zweiten Weltkrieg nicht individuell, sondern als Ganzes erfolgen. Janiak fügte an, die Schweiz sei eines der letzten Länder, in denen die Urteile gegen die Spanienkämpfer noch gültig seien. Andere Länder wie die USA hätten die Spanienkämpfer bereits bei ihrer Rückkehr wie Helden gefeiert.

Der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann bekundete hingegen Mühe damit, im Nachhinein «Geschichte umzuschreiben». Es werde mit einer einseitigen Sichtweise jahrzehntelange Schweizer Rechtspraxis umgestossen. Der Spanienkrieg sei nicht einfach ein Krieg zwischen Demokratie und Faschismus gewesen. Beide Seiten hätten schreckliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, sagte Germann.

Die Rehabilitierung geschehe aus heutiger zeitgemäss-objektiver Sicht und bedeute keine Verurteilung der damaligen Behörden, sagte Hansheiri Inderkum (CVP/UR). Der damalige Kampf für Demokratie und Freiheit verdiene aus heutiger Sicht aber Anerkennung, fügte auch Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf an. Mit 32 zu null Stimmen bei drei Enthaltungen stimmte die Kleine Kammer der Rehabilitierung schliesslich zu. Der Nationalrat hat das Gesetz bereits im vergangenen Dezember gutgeheissen. Damit kommt es in der nächsten Woche in die Schlussabstimmung.

Quelle: AP



Amnestie im letzten Moment

Die meisten von ihnen waren jung und sie waren idealistisch: Rund 800 Spanienkämpfer — Schweizer und in der Schweiz wohnhafte Ausländer —, die von 1936 bis 1939 im Spanischen Bürgerkrieg in den Internationalen Brigaden auf der Seite der Republik kämpften. Nach ihrer Rückkehr wurden sie verurteilt und oft diskriminiert; nun werden die wenigen noch Lebenden amnestiert.


Der Putsch gegen die Republik

Im Februar 1936 hatte in Spanien die linke Volksfront die Parlamentswahlen gewonnen und eine linksbürgerliche Regierung gebildet, die von Kommunisten und Sozialisten unterstützt wurde. Am 17. und 18. Juli putschten vier rechtsgerichtete Generäle unter der Führung von Francisco Franco gegen die Republik; damit begann der Spanische Bürgerkrieg, der mit äusserster Verbissenheit ausgefochten wurde und mindestens eine halbe Million Menschenleben forderte.

Generalprobe für den Weltkrieg

Bald griffen die faschistischen Mächte in den Konflikt ein: Hitler und Mussolini unterstützten die Putschisten mit Materiallieferungen und schliesslich mit Truppen. Italien schickte ein Unterstützungskorps von 70 000 Mann; die Deutschen beteiligten sich mit dem Fliegerkorps der Legion Condor, das 19 000 Mann umfasste.
Insbesondere für die deutsche Luftwaffe war der Krieg in Spanien ein Testlauf für spätere Aufgaben: Was in Guernica geübt wurde, erfuhren wenige Jahre später auch die Bewohner von Warschau, Rotterdam oder Coventry.

Die Internationalen Brigaden

Auf Seiten der Republik intervenierte die Sowjetunion, die vor allem Waffen lieferte und in geringem Umfang auch Truppen schickte. Vor allem aber waren es die Internationalen Brigaden, die der bedrängten Republik zu Hilfe eilten. In diesen von der Komintern (der Kommunistischen Internationale) rekrutierten Freiwilligenverbänden kämpften während des gesamten Bürgerkriegs etwa 40 000 Menschen; mehr als die Hälfte von ihnen kam ums Leben. Berühmt wurde der Schlachtruf der Brigaden «No pasarán!» («Sie werden nicht durchkommen!») bei der Verteidigung Madrids im November 1936.

Franco siegt

Auch der Enthusiasmus der Internationalen Brigaden konnte indes die Republik nicht retten; neben der schlechteren Ausbildung der Truppen wurde dem Regierungslager die mangelnde Unterstützung durch die grossen liberalen Demokratien wie Frankreich oder Grossbritannien zum Verhängnis.
Nach der Ebroschlacht, die in der zweiten Jahreshälfte 1938 tobte, war der Krieg nahezu entschieden; im Januar 1939 fiel Barcelona, Ende März Madrid. Am 1. April konnte General Franco das Ende des Bürgerkriegs verkünden.

Die siegreichen Franquisten nahmen nun Rache am linken und anarchistischen Spanien. Schon während des Bürgerkriegs hatten die verfeindeten Parteien jeweils blutige Säuberungen mit Massenerschiessungen durchgeführt. Dem faschistischen Terror nach Kriegsende fielen nun bis 1945 an die 100 000 weitere Regimegegner zum Opfer.

Vier Monate Haft

Die Schweizer Spanienkämpfer, die das Inferno des Bürgerkriegs überlebt hatten und in die Heimat zurückgekehrt waren, erwartete ebenfalls eine Repression, wenn auch keinesfalls in diesem mörderischen Ausmass, wie es Spanien erlebte.

420 Spanienkämpfer wurden von der Militärjustiz wegen «Eintritt in fremden Kriegsdienst ohne Erlaubnis des Bundesrates» — was seit 1927 verboten war — zu Haftstrafen verurteilt. Dabei war die Strafpraxis der verschiedenen Divisionsgerichte sehr uneinheitlich: In der Romandie und im Tessin waren die Gerichte milder, in Zürich und in der Ostschweiz strenger. Das Strafmass variierte von wenigen Tagen bis zu vier Jahren Gefängnis; im Schnitt waren es knapp vier Monate.

Zu diesen offiziellen Sanktionen gesellten sich dann noch die inoffiziellen: Verurteilte Spanienkämpfer fanden oft keine Arbeit oder Wohnung mehr oder wurden fichiert.

Der Kampf um die Amnestie beginnt

Schon 1938 hatte der Genfer Sozialist Léon Nicole eine erste Interpellation eingereicht, die eine Amnestie der Spanienkämpfer verlangte — vergeblich. Auch ein im selben Jahr gegründetes Komitee blieb erfolglos, genau so wie ein von 69 Nationalräten unterzeichnetes Postulat des SP-Nationalrats Johannes Huber.

Zu stark waren auf der bürgerlichen Seite die Sympathien für das faschistische Spanien — besonders bei den Katholisch-Konservativen. Schon im Februar 1939 hatte die Schweiz als zweiter demokratischer Staat Franco als Staatsoberhaupt anerkannt.

Zu stark waren aber auch die rechtsbürgerlichen Ängste vor allem, was links war: Die Spanienkämpfer galten als verlängerter Arm Moskaus.

Zu spät für die meisten

Nach dem Zweiten Weltkrieg hörte man lange Zeit nicht viel über die Spanienkämpfer. Erst in den Siebzigerjahren versuchte die Linke aufs Neue, die Rehabilitierung der Freiwilligen auf die politische Agenda zu setzen, vorerst ohne Erfolg.

Erst SP-Nationalrat Paul Rechsteiner gelang mit seinem Kampf für die Amnestie der Durchbruch: Am 2. Dezember 2008 sprach sich der Nationalrat gegen den Widerstand der SVP mit 123 zu 23 Stimmen für die Rehabilitierung aus.
Für die allermeisten Veteranen des Spanischen Bürgerkriegs kommt die Geste zu spät: In der Schweiz leben derzeit noch maximal zehn überlebende Spanienkämpfer.

 

www.spanienfreiwillige.ch

www.spanienkaempfer.de