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CDs mit Neonazi-Rock verteilt

Die Propagandamethoden deutscher Neonazis werden nun auch im Berner Oberland angewandt: In Interlaken und offenbar auch in Thun und Spiez sind CDs mit Songs von rechtsextremen Bands verteilt worden.
 
Deutsche Neonazis haben in den Jahren 2004 bis 2006 Songs von rechtsextremen Bands auf CDs gebrannt und diese in Schulhöfen an die Jugendlichen verteilt. Sie beabsichtigten damit, ihre Grundhaltung an die Schüler weiterzugeben. Im Jahr 2005 habe der inzwischen aufgelöste rechtsextreme «Bund Oberland» die CD auch hier an Schulen in Umlauf gebracht. Wie der bekannte Rechtsextremismus-Experte Hans Stutz auf seiner Homepage weiter schreibt, habe die Polizei in diesem Zusammenhang zweimal interveniert. In einem Fall habe sie bei einem bekannten Rechtsradikalen neun Tonträger beschlagnahmt.

Nun hat dieses Projekt offenbar im Berner Oberland seine Fortsetzung gefunden. Wie die Antifa Oberland gestern in einer Medienmitteilung schrieb, ist eine CD mit Ultrarechtsrock am Mittwochabend in Thun und Spiez wahllos an Passanten abgegeben worden. «Die neue CD», heisst es in dem Communiqué, «ist aber nicht eine blosse Imitation, sondern explizit auf das Berner Oberland zugeschnitten.» Sie werde von einer Grossaufnahme des Niesen geziert, die Front des Booklets zeige die Schweiz und die angrenzenden Staaten. Eine Lupe im Asterix-Stil rücke das Gebiet Interlaken ins Zentrum. «Wie das gallische Dorf ist Interlaken von Belagerungszelten umgeben. Hier werden diese mit einem Davidstern und dem MC-Donald’s-Logo geziert.» Die Symbolik liegt auf der Hand: Interlaken werde zur letzten Bastion im Widerstand gegen vermeintliche Besetzer, gegen das Fremde.

«Kompromisslose Texte»

Auf der CD, die in Thun und Spiez verteilt worden ist, sind laut Antifa Oberland Musiktitel von Bands wie Kraftschlag, Stahlgewitter, Frontalkraft, Act of Violence und Indiziert. Ihr gemeinsamer Nenner: Sie gehören zum äussersten rechten Rand des politischen Spektrums. Das Ziel der CD werde explizit genannt: «Mit lässigen Melodien und musikalischer Raffinesse, die im Einklang mit kompromisslosen Texten stehen, die seit Jahren bewusst von der Jugend ferngehalten werden, soll nun unsere Botschaft eure Gehörgänge erreichen», sei auf dem Booklet zu lesen.

Auch Band aus Burgdorf

Indiziert kommen aus dem Raum Burgdorf, sind für ihre Texte berüchtigt, haben damit aber gemäss einem Gerichtsurteil nicht gegen das Antirassismusgesetz verstossen. Anders sieht es gemäss Antifa Oberland bei Kraftschlag aus: Der Frontmann der Band sei 1999 wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung und anderen Delikten zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die Band unterhalte zudem engen Kontakt zum in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerk Blood & Honour.

Wer hat CDs verteilt?

Die Medienmitteilung der Antifa enthält keine Angaben, wer die CD in Thun und Spiez verteilt hat. «Ich gehe nicht davon aus, dass unsere Partei etwas damit zu tun hat», sagte Mario Friso. Präsident der Pnos Berner Oberland und Mediensprecher der Pnos Schweiz. Auch die Kantonspolizei Bern kann die Frage nicht beantworten: Sie hat keine Kenntnis von der Aktion in Thun und Spiez, sagte Mediensprecher Heinz Pfeuti. Auch auf den Gemeindeverwaltungen in Thun und Spiez weiss man nichts von dieser Verteilaktion.

Polizei ermittelt

Dass Rechtsextreme auch im Berner Oberland CDs mit ihrem Gedankengut verteilen, steht fest: «Der Kantonspolizei in Interlaken wurde am 18. Oktober eine CD übergeben, die ein Passant am Dienstagabend beim Bahnhof Interlaken-West erhalten hatte», führte Heinz Pfeuti aus. Drei jüngere Männer sollen damals die CDs verteilt haben. «Die Kantonspolizei erhielt durch den Anruf eines Bürgers am Dienstagabend Kenntnis dieser Verteilaktion. Bei einer Intervention vor Ort konnte jedoch niemand mehr angetroffen werden.» Die Polizei, so Pfeuti weiter, habe ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

quelle: espace medien